Aus allen Himmelsrichtungen kamen die Menschen am Sonntag, dem 10. August 2014 auf die Marienberg Alm zur Bergmesse mit anschließendem Bergfest. „Wer sich mit der Bergmesse und dem Bergfest so viel Mühe macht, wird von unserem Herrn auch mit gutem Wetter belohnt“, sagte Abt German Erd von Stift Stams am Rande der Bergmesse auf dem Marienberg.
Sicher ist, der Herr lässt sich nicht festlegen. Uns Menschen fehlt der Blick für die Zusammenhänge der Natur, deshalb können wir bei wichtigen Anlässen nur hoffen und Daumen drücken. Ein Gebet kann aber überhaupt nicht schaden.
Gastgeber beim Marienbergfest war heuer die neue Pächterfamilie Bianca und Andreas Rott, die ihren Dienst auf der Alpe schon im vergangenen Winter antrat. Mitte Juni kam dann das Vieh, 215 Stück und noch einmal so viel Schafe. „Das war bislang ein schwieriger Sommer“, sagte Almmeister Benedikt van Staa in seiner Begrüßungsansprache. Es regnete oft und heftig. Der Almsommer war deshalb bisher schon sehr arbeitsintensiv .
Die Bergmesse zelebrierte heuer Abt German von Stift Stams. „Wer sorgt für die musikalische Umrahmung?“, fragte er Alm-Meister Benedikt van Staa auf unserem gemeinsamen Weg auf die Alpe. „Das machen wieder die „Mieminger Sänger“, antworte Beni van Staa. „Da sind übrigens ein paar Sänger hinzugekommen“. „Ja dann, – dann brauchen wir nur noch kurz das Repertoire abzustimmen“. Zum anschließenden Almfest spielten die „Kittellupfer“, gelegentlich noch verstärkt von „Halligalli“.
Kurz vor halb-elf war es noch relativ menschenleer auf der Marienbergalm. Aber wie gerufen, versammelten sich zum Auftakt der heiligen Messe ein paar hundert Gläubige, um gemeinsam Gott zu danken und um seinen Segen zu bitten. Für Mensch und Vieh.
Die Marienbergalm liegt zwar in unmittelbarer Nachbarschaft von Obsteig, gehört allerdings der Agrargemeinschaft Marienberg-Alpe Barwies und wird deshalb seit Jahrhunderten von den Mieminger Bauern genutzt und verwaltet.
Die Marienbergalm ist ca. 900 Hektar groß, mit einer Futterfläche von ca. 200 Hektar. Die Agrargemeinschaft Marienbergalpe ist keine Gemeindegut-Agrargemeinschaft und somit autonom. Ihr gehören über 80 Mitglieder an, davon sind nur noch ca. 20 auftreibende Bauern, die Jahr für Jahr um die 215 bis 250 Stück Vieh, unterschiedlichster Rassen, von Mai bis September auf die Marienberg Alm führen. Dazu kommen noch ca. 200 Schafe. Zur AG Marienbergalpe gehören die Mieminger Weiler Obsteig/Aschland, Freundsheim, Gschwent, Fronhausen, Barwies/Zirchbichl und See/Zein. Die Alpe wird laut Urkunde schon seit mindestens 1828 bewirtschaftet.
Die Marienbergalpe darf zusätzlich ca. 70 bis 80 Hektar Weidefläche in Biberwier nutzen. Almmeister Benedikt van Staa bedankte sich vor der Messe unter anderem bei seinen Kollegen von der Agrar Biberwier für die „immer wieder“ verlässliche Unterstützung und für die Nutzung ihrer Weidefläche. Unter den Gästen sahen wir neben anderen aus Biberwier den Alt-Obmann Edi Hundertpfund. Er war offiziell der letzte aktive Bauer im Ort. Wie früher der Vater, spezialisiert auf die Aufzucht von Ochsen.
Die Almwirtschaft in Tirol hat ihre Wurzeln im 4. vorchristlichen Jahrhundert. Ihre Entwicklung steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der alpinen Klimageschichte. Ohne die nacheiszeitliche Wärmeperiode hätte es weder Weidegründe noch blühfähige Bäume wie Fichten, Zirben, Föhren und Latschen gegeben, die zum Teil bis zur Baumgrenze von 2300 Meter über See wachsen. In der Frühzeit der beginnenden Almwirtschaft blieben die Täler noch unbewirtschaftet. Das entwickelte sich erst wesentlich später.
Die Marienbergalm reicht nicht bis zur absoluten Baumgrenze, ist aber auch nicht sehr weit davon entfernt. Der Weg über den Marienbergjochweg hinauf zur Alm, dauert gute vier Stunden und mehr. Ab Gasthaus Arzkasten, bei Obsteig. Die Hütte mit Stall und Gasträumen liegt heute 1623 Meter über Seehöhe. Die Gäste beim heurigen Bergfest haben auf eine Holztafel, am Eingang der Almhütte, vier Wollhauben gehängt. Jetzt ist die Marienberg Alm weit und breit die einzige „4-Hauben-Alm“.
Die Gemeinde Biberwier lebt heute überwiegend vom Tourismus. Mit einem Lift kann man von dort alternativ die Marienbergalm und die Nachbar-Almen erreichen.
Almmeister Benedikt van Staa bedankte sich bei der Gemeinde Obsteig für den perfekten Wegeausbau bis zum Gasthaus Arzkasten. Beim Bundesförster Martin Gessner für die gute Zusammenarbeit. Auch mit dem Jagdpächter am Marienberg pflege man ein traditionell gutes Verhältnis. Ein großes Danke ging auch an den langjährigen Pächter Herbert Schuchter, inzwischen Ehrenmitglied der Marienberg Alpe. Er und seine Familie wurden mit einem großen Almfest nach 40 Dienstjahren im vergangenen Sommer in den verdienten Ruhestand entlassen. Herbert Schuchter kam mit einem Teil seines früheren Teams zur Bergmesse auf die Marienbergalm.
Repräsentant der Gemeinde Mieming war beim Bergfest Vize-Bürgermeister Klaus Scharmer (in Personalunion auch Almmeister der AG Hochfeldernalpe). Klaus Scharmer kam mit seiner Frau Waltraud auf den Marienberg. „Auf dem Fußweg, so muss es sein!“
Fast zeitgleich mit dem Eintreffen der Melkkühe im Stall, endete der offizielle Teil des schönen Festes am vergangenen Sonntag auf der Marienbergalm. Je nach den Wetterbedingungen endet der Almsommer am Marienberg Mitte September. „Wir verzichten heuer auf einen eigenen Abtrieb und feiern stattdessen wieder mit unseren Kollegen von der Feldereralpe im September ein schönes Almfest in Obermieming“, sagte Benedikt van Staa in kleinem Kreis und verabschiedete sich auf den Heimweg. „Mein Vieh wartet in Barwies. Jetzt ist Zeit“.
Marienbergfest auf der „4-Hauben-Alm“. (Fotos: Knut Kuckel)