Über zweitausend Menschen applaudierten zur Ankunft der Hirtenfamilie Schuchter und dem Almvieh. (Foto: Knut Kuckel)
Über zweitausend Menschen applaudierten zur Ankunft der Hirtenfamilie Schuchter und dem Almvieh. (Foto: Knut Kuckel)

Drei-Almen-Abtrieb in Mieming – Abschied des Marienberg-Hirten

Über 230 Kühe verbrachten den Almsommer auf der Hochfeldern-Alm und gestern, am Sonntag, war großes Finale in Barwies: Über 500 Stück Vieh, Kühe und Schafen aller Rassen, kehrten von der Marienbergalpe zurück nach Barwies.

„Das war der größte Almabtrieb in der Geschichte der Gemeinde Mieming“, sagten die Almbauern und damit werden sie – ungeprüft – recht behalten. Der Drei-Almen-Abtrieb von den Mieminger Almen war bislang einmalig. Über 500 Schafe von der Seeben-Alm zogen am Samstag-Abend wieder in ihre Winterställe in Untermieming ein, ein paar Stunden zuvor kam das Vieh von der Feldereralpe nach Obermieming zurück.

Mehr als 2-tausend-500 Schaulustige begrüßten die Marienberg-Hirtinnen und Hirten bei ihrem eindrucksvollen Einzug in Barwies mit langanhaltendem Applaus. Angeführt wurde der Viehtreck von Annemarie und Herbert Schuchter, zu deren Ehren ein großes Almfest gefeiert wurde. Nach 40 Jahren Sommer- und Winterdienst auf der Marienberg Alm wechselt die Hirtenfamilie im November in den verdienten Ruhestand.

40 Jahre Marienbergalm – der gute Hirte geht

„Das so unglaublich viele Menschen unseren Almbauern die Ehre erweisen, zeigt mir einmal mehr, wie stark unsere Bevölkerung den Bauernstand unterstützt“, sagte der Tiroler Landtagspräsident DDr. Herwig van Staa in einer Begrüßungsrede. Van Staa gratulierte der Hirtenfamilie Schuchter zu ihrem „sehr seltenen Dienstjubiläum“ auf der Marienberg Alm und würdigte ihre Leistung für die Almwirtschaft in mehr als vier Jahrzehnten.

„Sie haben sehr viel für uns alle getan“, mit diesen Worten gratulierte der Landtagspräsident den Jubilaren, begleitet von einem minutenlangen Applaus der Gäste in und um der Agrarmaschinenhalle in Barwies. 

Annemarie und Herbert Schuchter, in Begleitung ihrer Familie und ihrer langjährigen Helferinnen und Helfer am Ehrentisch vor der Bühne. (Foto: Knut Kuckel)

Als Annemarie und Herbert Schuchter, in Begleitung ihrer Familie und ihrer langjährigen Helferinnen und Helfer am Ehrentisch vor der Bühne Platz nahmen, spielten die Mieminger Musikanten die „Lottchen Polka“ und mit Ansage „Späte Liebe“.

„Wir haben gelesen, dass für Euch beide die 40 Marienberg-Alm-Jahre wie Flitterwochen waren und in dieser Zeit Eure Liebe zueinander gewachsen ist“, sagte Moderator Florian Schöpf und mit dem „Spaziergang in Eger“ spielten die Mieminger Musikanten ein Konzert böhmischer Blasmusik von erster Güte. Auch die Mieminger Sänger, unter der Leitung von Johannes Holzeis, sangen zu Ehren der „Hirtsleit vom Marienberg“ zum Auftakt der „Der Summer is außi (Abschied von der Alm)“ und andere Traditionslieder gleich dazu.

Als die Mieminger Sänger, mit Begleitung der Musikanten die heimliche Hymne Tirols sangen, stimmte das Publikum mit ein und ein Chor, so stark wie die berühmten Fischer-Chöre, schwor dem „Land Tirol die Treue“.

Das waren bewegende Momente. Und der sensible Beobachter konnte manch feuchtes Auge wahrnehmen. Auch am Hirtentisch. Nach den Mieminger Musikanten sorgten die Stiegl-Buam, um Markus Kranebitter, für beste Unterhaltung.

„Der Herbert und die Annemarie sind länger am Marienberg als ich alt bin“, sagte Benedikt van Staa. (Foto: Knut Kuckel)

„Der Herbert und die Annemarie sind länger am Marienberg als ich alt bin“, sagte Benedikt van Staa und – sichtlich gerührt – an den „Louisl Soraperra“: „Du warst jahrzehntelang das A1-Netz zwischen Barwies und dem Marienberg. Du hast für uns die Funkstrecke betreut. Eine große Leistung und dafür möchte wir Dir danken!“ – Benedikt van Staa, der Almmeister der Agrargemeinschaft Marienbergalpe, richtete sich dann in einer sehr persönlichen kurzen Ansprache an Annemarie und Herbert Schuchter, aber auch bei ihren „zahlreichen Assistenten und Freunden, die über die vielen Jahren immer da waren, wenn Hilfe gebraucht, wurde“.

„40 erfolgreiche Jahre, das ist eine Herausforderung an alle, die Euch folgen“, sagte der Almmeister und unter Ausschluss der Öffentlichkeit: „Manche, die in dieser langen Zeit Eure Wege begleitet haben, können heute nicht mehr persönlich unter uns sein. Ich bin aber sicher, dass sie in irgendeiner Weise mit am Tisch sitzen“.

Damit dachte er wohl auch an seinen Vorgänger Hansjörg Wett. Der nicht nur den Schuchters nicht nur ein guter Almmeister war, sondern immer auch ein bester Freund. Beni van Staa freute sich auch über den Besuch.

Proster-Grüße – „Danke Herbert und Annemarie“. (Foto: Knut Kuckel)Am Samstag wurden am Hof von Benedikt van Staa, auf Einladung von Verena van Staa,über 30 Proster gefertigt. „Heuer kam kein Tier auf der Marienberg Alm zu Schaden, dass feiern wir ganz besonders, in dem unser Vieh zum Almabtrieb geschmückt wird“, so der Almmeister. Viele Proster ehrten mit ihren Aufschriften die Hirtenfamilie. Da war u.a. zu lesen

„Danke Herbert und Annemarie“, „40 Jahre Almleben auf dem Marienberg“, aber auch „Wir grüßen die Heimat“ oder „Auf der Alm bin i gerne“.

Viele Proster waren mit Blumen-Kreuzen, Sonnen, Heiligen-Motiven oder Marienberg-Bildern geschmückt. Die Hirtinnen und Hirten trafen sich schon am frühen Morgen am Kohlplatz, um gemeinsam das Vieh zu schmücken. Kurz vor dem Einzug stieg die Hochspannung unter allen Beteiligten und man las in den Gesichtern, dass sich alle aufs höchste konzentrierten.

„Unsere Tiere sind ausgeruht, waren jetzt drei Monate Freiheit gewöhnt und treffen heute auf so viele Menschen. Sie sind unruhig und gestresst. Ich hoffe, der Einzug geht ohne Komplikationen vonstatten“, sagte Beni van Staa.

Drei-Almen-Abtrieb in Barwies. (Foto: Knut Kuckel)

Majestätisch defilierten die vielen Kühe an ihrem großen Publikum vorbei. „An den Glocken hörst Du, ob das Vieh im Einklang geht“, sagt mir die Barwieser Bäuerin Verena van Staa. Das kann man übrigens auch sehr schön im Film zum Almfest von Andreas Fischer sehen und hören.

Alles verlief reibungslos. Die bunten Tiere unterschiedlichster Rassen, allen voran die Schafe, gefolgt von den Kühen, waren beim Abmarsch sehr nervös und die Hirten hatten alle Mühe, sie in den Lärchenwäldern, zwischen Schatzstein und Moosalmwiesen, auf dem Weg zu halten. Das war eine Meisterleistung. Ab Höhe Siegfried-Gapp-Weg nahm der Zug seinen wohlgeordneten Lauf.

„Wir sind überwältigt von dem Zuspruch dieser vielen Menschen“, sagte beim Einmarsch Chef-Hirte Herbert Schuchter. Links und rechts der Straßen standen Hunderte von Gästen, die es sich nicht nehmen lassen wollten, mit großem Applaus „Danke“ für die Hirtsleute und ihr Team zu sagen. Eine berührende Geste.

Der letzte Almabtrieb mit Almfest in Barwies liegt schon dreißig Jahre zurück und wurde zum 10-Jahres-Jubiläum der Hirtenfamilie gefeiert. Die AG Marienbergalpe nimmt gerne seltene Jubiläen zum Anlass für diesen Aufwand.

Benedikt van Staa bedankte sich deshalb bei allen Kolleginnen, besonders der Felderer- und Seeben Alpen für ihre Kooperation. Alle verzichteten zugunsten der Barwieser Almbauern auf große Veranstaltungen. Das wurde wohl auch vom Publikum gewürdigt und verdient Respekt.

Drei-Almen-Abtrieb in Mieming – Abschied des Marienberg-Hirten. (Fotos: Knut Kuckel

Ich schreibe über das Landleben im alpinen Raum. Über Ereignisse und Begegnungen. Von Hause aus Rundfunkjournalist, bin ich als Grenzgänger der Regionen auch gerne Europäer.